DRUCKEN

Facts & Figures


Muskel-Skelett-Erkrankungen (MSE) gehören zu den häufigsten arbeitsbedingten Erkrankungen weltweit. In Österreich gaben 60 Prozent der Befragten der Arbeitskräfteerhebung im Jahr 2015 an, in den letzten 12 Monaten mit Beschwerden im Muskel-Skelett-Bereich konfrontiert gewesen zu sein.

In Österreich sind laut WIFO Fehlzeitenreport rund ein Fünftel (21,9 Prozent) aller Krankenstandstage im Jahr 2021 auf MSE zurückzuführen. In Österreich fallen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufgrund von Muskel-Skelett-Erkrankungen pro Krankenstand durchschnittlich 15,3 Tage aus (Fehlzeitenreport 2022).

Im Jahr 2020 sind die Erwerbstätigen im Durschnitt 16,9 Tage aufgrund von MSE ausgefallen. Die Daten aus dem Jahr 2020 sind hinsichtlich des pandemiebedingten Rückgangs der Beschäftigten sowie der Fehlzeiten gesondert zu betrachten. Gründe dafür sind die Stilllegung bzw. das Zurückfahren des Wirtschaftslebens in zahlreichen österreichischen Betrieben sowie die vermehrte Verlagerung der Arbeitstätigkeit ins Homeoffice. 

Darüber hinaus erhöhen physische Fehlbelastungen (z. B. Heben einer schweren Last) bei der Arbeit nicht nur das Risiko für Muskel-Skelett-Erkrankungen, sondern verursachen auch akute Ermüdung und erhöhen damit die Wahrscheinlichkeit für Arbeitsunfälle bei der Manipulation von Lasten bzw. werden Fehlhandlungen begünstigt, die Stolpern, Rutschen oder Stürzen verursachen können.

Arbeitsunfälle und arbeitsbedingte Erkrankungen verursachen menschliches Leid und darüber hinaus hohe Kosten für die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, für die Betriebe und global betrachtet für die gesamte Volkswirtschaft.

Was sind Arbeitsunfälle in Zusammenhang mit körperlicher Belastung?

Die AUVA-Unfallstatistik zeigt, dass rund jeder zehnte anerkannte Arbeitsunfall zwischen 2015 bis 2019 in Zusammenhang mit einer "Bewegung des Körpers unter/mit körperlicher Belastung" steht. 

Graphik - Symbolbild


2020 passierte ebenfalls jeder 10. Arbeitsunfall durch Bewegung unter/mit körperlicher Belastung. 2020 waren das 7.984 von insgesamt 67.792 Arbeitsunfällen. Der Rückgang der Arbeitsunfälle im Jahr 2020 im Vergleich zu 2019 ist zum größten Teil auf den pandemiebedingten Rückgang der Beschäftigten sowie die Kurzarbeit in zahlreichen österreichischen Betrieben zurückzuführen (siehe oben).

Unter Arbeitsunfälle bei "Bewegungen des Körpers unter/mit körperlicher Belastung" versteht man beispielsweise Unfälle beim Heben, Tragen, Ziehen und Schieben. Unabhängig von der Unfallursache können Traumen wie Gelenks- oder Weichteilverletzungen, wenn sie über lange Zeiträume immer wieder passieren, zu degenerativen und bleibenden Veränderungen führen, z. B. Bandscheibenvorfall, Bänder- und Meniskusschaden im Knie etc. 

Graphik - Symbolbild


Welche Kosten verursachen arbeitsbedingte MSE und Arbeitsunfälle in Zusammenhang mit körperlicher Belastung?

Berechnungen der AUVA aus Daten des WIFO Fehlzeitenreports basierend auf den MSE-Fehlzeiten aus 2019 und den Berechnungen des WIFO für die Studie "Kosten arbeitsbedingter Unfälle und Erkrankungen in Österreich" aus 2020 ergeben eine auf lange Sicht ausgelegte Kostenabschätzung von rund 1,6 Mrd. Euro für MSE.

Von einer Gesamtkostenlast von 9,9 Mrd. Euro für arbeitsbedingte Erkrankungen und Unfälle fallen laut den Berechnungen 16 Prozent allein für MSE an.

Graphik - Symbolbild



Arbeitsbedingte Erkrankungen verursachen in Relation zu Arbeitsunfällen viereinhalbmal so hohe Kosten für alle beteiligten "Stakeholder": Betriebe, Gesundheits- und Sozialsystem und Erwerbstätige.

Präventive Maßnahmen
in diesem Bereich ermöglichen ein großes Einsparungspotenzial für Unternehmen und die Volkswirtschaft sowie ein Abwenden von menschlichem Leid für betroffene Beschäftigte.

Eine Kostenschätzung für MSE zeigt für Betriebe in ganz Österreich eine Kostenlast von ca. 272 Mio. Euro, die allein für die jährlich gemeldeten MSE-Krankenstandtage anfallen.

Die Kosten für das Gesundheits- und Sozialsystem enthalten Behandlungskosten, Verwaltungskosten sowie Transferzahlungen und werden auf 350 Mio. Euro geschätzt.

Die höchste Kostenlast tragen die von MSE betroffenen Erwerbstätigen selbst mit Eigenleistungen und Einkommensverlusten von etwa 430 Mio. Euro.

Werden zusätzlich die mit rund 530 Mio. Euro bewerteten Verluste von Lebensqualität und Lebensjahren aufgrund von arbeitsbedingten MSE mitberücksichtigt, ergibt dies eine auf lange Sicht aufgerechnete Kostenlast für Erwerbstätige von insgesamt ca. 960 Mio. Euro.

Graphik - Symbolbild


Welche Risikofaktoren für MSE gibt es?

Physische Risikofaktoren

  • Heben, Tragen, Schieben oder Ziehen von Lasten oder Gebrauch von Werkzeugen
  • Repetitive Hand- oder Armbewegungen
  • Stehende Arbeitshaltungen
  • Langes Sitzen, Arbeit am PC, Laptops
  • Arbeit in ermüdenden oder schmerzhaften Positionen
  • Hand-Arm- oder Ganzkörper-Vibrationen
  • Defizite bei der Arbeitsplatzanordnung und der Arbeitsplatzgestaltung
  • Kälte oder Hitze
  • Hohe Lärmpegel, die zu hoher körperlicher Anspannung führen könne

Organisatorische und psychosoziale Risikofaktoren

Organisatorische und psychosoziale Belastungen sowie individuelle physische Faktoren können ebenso wie körperlich belastende Arbeitsbedingungen für Fehlbeanspruchungen verantwortlich sein.

Oft ist hier der Zusammenhang zu den Beschwerden nicht offensichtlich erkennbar. Gesundheitsbeeinträchtigende Faktoren wirken hier indirekt über das Stressgeschehen auf das Muskel-Skelett-System. Arbeitsbedingte Belastungen treten oft in Kombination auf, z.B. Zwangshaltung und Zeitdruck.

  • Anspruchsvolle Arbeit, hohe Arbeitsbelastung
  • Lange Arbeitszeiten
  • Keine Pausen oder keine Möglichkeiten, die Arbeitshaltungen zu verändern
  • Keine Kontrolle der Arbeiten und der Arbeitsbelastung
  • Unklare/widersprüchliche Aufgaben
  • Sich schnell wiederholende, monotone Arbeit
  • Fehlende Unterstützung durch Kollegen und/oder Vorgesetzte

Individuelle Risikofaktoren

  • Krankheitsvorgeschichte
  • Physische Leistungsfähigkeit
  • Alter
  • Fettleibigkeit/Übergewicht
  • Rauchen
  • Geschlecht

Wer ist besonders gefährdet?

Physische Risikofaktoren wie langes Sitzen oder Stehen, Heben und Tragen schwerer Lasten oder repetitive, monotone Bewegungsabläufe finden sich in fast jeder beruflichen Tätigkeit wieder.

Hier eine beispielhafte Übersicht, welche Risikofaktoren bei welchen Arbeitstätigkeiten häufig vorkommen: 

  • Heben und Tragen schwerer Lasten: Bauarbeit, Lagerarbeit, Pflege, Paketzustellung
  • repetitive und monotone Tätigkeiten: Produktion, Näharbeiten, Kassiertätigkeit
  • langes Sitzen: Bürotätigkeit, Transport, Portiertätigkeit
  • langes Stehen: Verkauf, Fließbandarbeit, Küchenkräfte
  • emotional belastende Tätigkeit: personenbezogene Dienstleistungen

Graphik - Symbolbild




Sind arbeitsbedingte MSE grundsätzlich Berufskrankheiten?

Nur einige, spezifische, arbeitsbedingte MSE werden in der Liste der Berufskrankheiten angeführt.

Die große Mehrzahl der arbeitsbedingten MSE wird rechtlich nicht als Berufskrankheit eingestuft. Die Gründe für diese Entscheidung liegen unter anderem im Berufskrankheitenrecht.

Voraussetzung für die Anerkennung einer Krankheit als Berufskrankheit ist der Beweis eines direkten, überwiegenden Zusammenhangs der Erkrankung mit der versicherten beruflichen Tätigkeit. Und dieser ist bei den meisten MSE sehr schwer zu erbringen. Sie sind klassische "multikausale" Erkrankungen.

So kann beispielsweise die Entstehung eines Meniskusschadens durch eine arbeitsbedingte, häufig kniende Tätigkeit begünstigt oder verschlimmert werden, aber ebenso kann das Freizeitverhalten (z. B. Hausbauen, Fußball spielen etc.) dafür (mit-)verantwortlich sein.

Derzeit werden nur folgende arbeitsbedingte MSE als Berufskrankheiten (BK) in der Liste geführt: 

  • BK 20 "Vibrationsbedingte Durchblutungsstörungen an den Händen, andere Erkrankungen durch Erschütterung bei der Arbeit (Arthrosen)"
  • BK 22 "Druckschädigung der Nerven (Nerven, die wiederholten mechanischen Einwirkungen aufgrund einer anatomischen Enge nicht genügend ausweichen können, z. B. über einer knöchernen Unterlage, innerhalb eines knöchernen oder fibrösen Kanals (z. B. Sulcus-ulnaris-Syndrom) oder an Sehnenkreuzungen (chron. Sehnenscheidenentzündungen)"
  • BK 23 "Chronische Erkrankungen der Schleimbeutel, der Sehnenscheiden und des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- und Muskelansätze durch ständigen Druck oder ständige Erschütterung"
  • BK 24 "Abrissbrüche der Wirbeldornfortsätze" (Kommen hauptsächlich bei Schaufelarbeiten mit überhohen und überweiten Würfen vor. Auch während eines Arbeitsschwungs, bei ungewöhnlichen oder selten ausgeführten Körperbewegungen, z. B. beim Aufheben oder Ablegen einer Last, können Abrissbrüche auftreten.)
  • BK 25 "Meniskusschäden bei Bergleuten nach mindestens dreijähriger regelmäßiger Tätigkeit unter Tag und bei anderen Personen nach mindestens dreijähriger regelmäßiger Tätigkeit in kniender oder hockender Stellung"

Weitere Informationen

Liste der Berufskrankheiten

Fehlzeitenreport 2022 (sozialversicherung.at)

Publikationen zu MSE